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17.12.2025

Freiberuflicher Musiker: Betrieblich genutzte Räume können als häusliches Arbeitszimmer anzusehen sein

Mehrere freiberuflich genutzte Räume eines Musikers im ansonsten privat genutzten Haus können als ein häusliches Arbeitszimmer angesehen werden mit der Folge, dass der Betriebsausgabenabzug auf 1.250 Euro pro Jahr zu begrenzen ist. Das stellt das Finanzgericht (FG) Münster klar.

Der Kläger war in den Streitjahren 2013 bis 2020 freiberuflich als Dirigent, Pianist, Vocal-Coach, musikalischer Leiter sowie Betreiber von zwei Musikschulen tätig. Seine Ehefrau arbeitete unentgeltlich in den Musikschulen mit. Im von beiden Eheleuten gemeinsam bewohnten Anwesen, das ein Hauptgebäude und eine hiermit durch Innentüren verbundene Einliegerwohnung umfasste, nutzte der Kläger verschiedene Räume für Arbeits-, Übungs-, Verwaltungs- und Lagertätigkeiten. Für diese Räume (je ein Arbeitszimmer der beiden Eheleute, Musikzimmer, Gästezimmer, Küche, Galerie, Garderobe, Lagerraum, drei WCs sowie zwei Flure), die insgesamt 226 und damit 45 Prozent der insgesamt 500 Quadratmeter umfassenden Gesamtwohnfläche des Anwesens umfassten, machte der Kläger einen Betriebsausgabenabzug von circa 15.000 Euro bis 20.000 Euro jährlich geltend.

Das Finanzamt erkannte lediglich das Arbeitszimmer des Klägers und das Musikzimmer als einheitliches Arbeitszimmer an und begrenzte den jährlichen Betriebsausgabenabzug auf 1.250 Euro.

Dieser Beurteilung folgte das FG Münster und wies die Klage ab. Das Arbeitszimmer und das Musikzimmer stellten ein häusliches Arbeitszimmer dar, da beide Räume in die häusliche Sphäre eingebunden seien und vorwiegend der Erledigung gedanklicher und praktischer Arbeiten im Hinblick auf die freiberufliche Tätigkeit des Klägers dienten. Beide Räume seien auch nicht als betriebsstättenähnlich anzusehen, da sie nicht erkennbar für den Publikumsverkehr gewidmet und zugänglich gewesen seien. Aufgrund der nahezu identischen Nutzung bildeten beide Räume eine funktionale Einheit, sodass lediglich von einem häuslichen Arbeitszimmer auszugehen sei.

Das von der Ehefrau genutzte Arbeitszimmer sei nicht als Arbeitszimmer des Klägers zu qualifizieren. Eine einkommensteuerliche Berücksichtigung bei der Ehefrau komme nicht in Betracht, da diese keine Einkünfte erzielt habe.

Die übrigen Räume seien nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht dem Typus des Arbeitszimmers zuzurechnen, sondern dienten ihrer Art der Einrichtung nach erkennbar auch privaten Wohnzwecken. Sie wiesen auch kein betriebsstättenähnliches Gepräge auf und seien nicht dem Publikumsverkehr gewidmet gewesen.

Der Betriebsausgabenabzug sei nach § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 Einkommensteuergesetz in der für die Streitjahre gültigen Fassung auf 1.250 Euro jährlich beschränkt, da das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Betätigung des Klägers gebildet habe, so das FG. Die wesentlichen Handlungen seiner Tätigkeiten habe der Kläger an den jeweiligen Auftrittsorten oder in den Musikschulen erbracht. Im häuslichen Arbeitszimmer habe er diese Tätigkeiten lediglich vor- und nachbereitet, auch wenn dies einen erheblichen zeitlichen Umfang eingenommen habe.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat der Bundesfinanzhof die Revision zugelassen, die dort unter dem Aktenzeichen VIII R 20/25 geführt wird, wie das FG mitteilt. Für das Revisionsverfahren habe der BFH mit Beschluss vom 18.11.2025 (VIII S 27/24 (AdV)) teilweise Aussetzung der Vollziehung gewährt. Laut FG ist nicht ausgeschlossen, dass auch das von der Ehefrau genutzte Arbeitszimmer Bestandteil der funktionellen Einheit des Arbeitszimmers des Klägers sei. Zudem sei es möglich, dass der qualitative Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers im häuslichen Arbeitszimmer liege und die Begrenzung auf 1.250 Euro daher nicht greife.

Finanzgericht Münster, Urteil vom 28.08.2024, 2 K 1243/20 E